Wir müssen reden!
Am 18. März beginnt in Großbritannien die „National Conversation Week“, die Woche des Gesprächs. Sie soll – wie der Name schon sagt – dazu anregen, mehr miteinander zu reden, von Angesicht zu Angesicht und nicht nur per WhatsApp mit Emojis. Denn eine echte Unterhaltung ist durch nichts zu ersetzen, selbst dann, wenn es um Alltagsthemen geht und nicht darum, die Welt zu retten. Nur das Zusammenspiel von Tonfall, Mimik und Inhalt bringt uns wirklich in Kontakt, so sind wir nun mal gemacht. Und es wundert gar nicht, dass Missverständnisse selten im direkten Gespräch entstehen, sondern eher in schriftlicher Kommunikation per Mail oder am Telefon.
Es gibt ja verschiedene Kategorien des Gesprächs. Die Briten gelten als Meister des Smalltalks, der eine wichtige gesellschaftliche Funktion hat, aber nicht jedem liegt. Manchen Leuten, insbesondere nicht-britischen, fällt einfach nichts ein. Das liegt meist an zu hohen Ansprüchen an die eigene Person. Smalltalk darf banal sein! Das Wetter ist ein unschlagbares Thema, denn irgendein Wetter ist immer, und man darf auch fragen, ob jemand einen Parkplatz gefunden hat oder wie die Zugreise war, wie er oder sie die Gastgeber kennt oder was das da für ein Drink in der Hand des Gegenübers ist. Nur sehr stoffelige Menschen reagieren abweisend, die meisten freuen sich, dass jemand sie anspricht. Und wenn man doch auf Schweigen stößt, dann kann man sich immer noch freundlich lächelnd davonstehlen. Im besten Fall entwickelt sich aus dem unverbindlichen Geplänkel ein echtes Gespräch, vielleicht sogar eine Beziehung.
Eine „conversation“ ist im Englischen – anders als im Deutschen, wo „Konversation machen“ ja ganz schön anstrengend klingt – ein Gespräch jeder Art, ein informelles genauso wie ein ernstes. Man kann auch einen „talk“ haben, wobei die Formulierung „we need to talk“, „wir müssen reden“, in erster Linie dazu geeignet ist, andere in die Flucht zu schlagen. Neulich haben wir auch jemanden sagen hören „let´s have a speech“, aber das war ein Vokabelfehler (der Mann ist Österreicher). „A speech“ ist nämlich eine Rede, also ein Monolog, und sowas hat in einem Gespräch nichts verloren. Auch wenn es immer Leute geben wird, die sich am liebsten selbst reden hören und die glasigen Augen des Gegenübers gar nicht zur Kenntnis nehmen.
Das Englische kennt viele schöne Begriffe für Gespräch, zum Beispiel „a chat“ (wer sehr viel redet, ist „a chatterbox“) oder, noch besser, „a good old natter“. Ein echt britisches Wort, das Amerikaner nicht verstehen ist „a chin-wag“, wörtlich: ein Kinnwackeln – damit das Kinn richtig ins Wackeln kommt, muss das Gespräch eine gewisse Dauer haben und darf nicht zu ernste Themen behandeln. Eher oberflächlich ist auch „a chitchat“. Man kann zudem, wenn man am liebsten über andere redet, „a gossip“ haben; gleichzeitig bedeutet „a gossip“ aber auch „eine Klatschbase“ (unabhängig vom Geschlecht). Damit man nicht in diesen Ruf gerät, sollte man sich „gossiping“ nur in kleinen Dosen erlauben oder für solche Gesprächspartner aufsparen, die es ganz, ganz bestimmt nicht weitererzählen.
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