Liebeskummer, miese Laune, Ärger im Job? Eine Tasse Tee hilft. Davon sind die Briten und auch die Iren schon seit Jahrzehnten überzeugt. Auch wenn „posh coffee“ aus dem Vollautomaten inzwischen viele Fans hat – gegen „a cuppa“, Kurzform für „a cup of tea“, kommt Kaffee nicht an, da kann er sich noch so aufhübschen mit Karamellsirup, aufgeschäumter Milch und Kakaopulver obendrauf. Mindestens eine Million Tassen Tee werden im Vereinigten Königreich täglich konsumiert, derzeit – im Lockdown – nochmal deutlich mehr, wenn wir Medienberichten glauben dürfen. Gerade in Krisenzeiten spendet das Getränk Trost und Zuversicht und war deshalb auch im Zweiten Weltkrieg auf Churchills persönlichen Wunsch hin nicht rationiert.
Kräutertee und Co., die auf Englisch „infusions“ heißen, haben zwar wie bei uns an Boden gewonnen, jedoch kaufen die allermeisten Briten Schwarztee. Sie trinken ihn bekanntlich mit Milch (rund 90 Prozent der Teetrinker bevorzugen ihn laut „Tea Council“ weiß), aber nicht unbedingt mit Zucker (nur für 30 Prozent unerlässlich). Wie der Branchenverband gern und immer wieder betont, ist Tee ohne Zucker gut für die Zähne, da er natürliches Fluor enthält, und kann nach neuesten Erkenntnissen sogar Demenz verzögern. Vier Tassen pro Tag seien die ideale Dosis, heißt es. Wir vermuten mal, dass sie oft überschritten wird.
Tee kam im 16. Jahrhundert in England an, wurde aber erst hundert Jahre später – ungefähr zeitgleich mit Kaffee und Kakao – bekannter. Der Adel machte es vor, und zunächst blieb Tee das Getränk der Reichen und Schönen. Aber als die Industrialisierung im frühen 19. Jahrhundert die Bevölkerung in die Städte trieb und wegen der schlimmen Arbeits- und Lebensbedingungen die Alkoholsucht zu grassieren begann, entstand eine Gegenbewegung, die zu Abstinenz aufrief und Tee als Alternative pries. Tearooms schossen aus dem Boden, und auch zu Hause wurde mehr und mehr Tee getrunken.
Viele Briten und Iren trinken von früh bis spät Tee, die erste Tasse morgens im Bett und die letzte in der Küche vorm Schlafengehen. Dabei ist auch die Jahreszeit egal, denn Tee wärmt im Winter und erfrischt im Sommer, weckt im Frühjahr die Lebensgeister und macht den Herbst gemütlich. Passt immer!
Leserbriefe (1)
Bettina Scheuerich-Wagner
am 24.01.2021