Heute ist „Stir-up Sunday“, der Tag, an dem in Großbritannien der Christmas Pudding angerührt wird. Bis zum Servieren am Ersten Feiertag – als Highlight und Abschluss des Festessens – reift er an einem kühlen Ort, gern unter dem Bett in einem ungenutzten Zimmer oder in der Speisekammer. Da das Rühren und vor allem das stundenlange Dämpfen aufwendig sind, kaufen die meisten Leute ihren Pudding heute allerdings eher fertig und erhitzen ihn vor dem Servieren. Aber ob man nun in der Küche steht oder nicht, der Stir-up Sunday ist im Vereinigten Königreich inoffizieller Start in die Weihnachtszeit und auch der Moment, die Deko hervorzuholen.
Christmas Pudding oder Plum Pudding hat eine jahrhundertelange Tradition. Er hat nichts mit einem Vanille- oder Schokopudding aus der Tüte zu tun, sondern besteht aus vielen Trockenfrüchten, Zitronat und Orangeat, wenig Mehl, Fett, Eiern und Gewürzen und ist eher ein im Wasserbad gegarter Kuchen. Sein Vorläufer war im Mittelalter eine mit kostbaren Gewürzen angereicherte Grütze. In viktorianischer Zeit wurde der Pudding in ein Tuch eingewickelt und am Kochlöffelstil über dem siedenden Wasser aufgehängt, deshalb erscheint er auf alten Darstellungen kugelrund.
Heute ist es üblich, ihn in einer speziellen Keramikform zu garen. Nach dem Wiedererhitzen wird er gestürzt, flambiert und unter Oh- und Ah-Rufen aller Anwesenden aufgetragen. Sobald die Lightshow verglimmt, kann er angeschnitten werden. Seine liebsten Begleiter sind Brandy Butter, Sahne oder Vanillesauce.
Beim Zusammenrühren der Puddingzutaten am Stir-up Sunday darf man sich übrigens etwas wünschen: ein besonderes Geschenk zum Fest oder – was vielleicht sinnvoller ist – die Erfüllung eines nicht gegenständlichen Herzenswunsches. Bei einem fertig gekauften Pudding entfällt dieser magische Moment, lässt sich aber problemlos auf den Zeitpunkt des Flambierens verschieben: Das ist schließlich genau der richtige Zeitpunkt, um brennende Wünsche zu formulieren (schweigend, Aussprechen ist tabu). Und: Es funktioniert, die Wünsche gehen in Erfüllung – wir haben es ausprobiert!
Kurioserweise hat der Begriff „Stir-up Sunday“ gar nichts mit Puddingrühren zu tun, auch wenn dies vielen Einheimischen unbekannt ist, sondern eher mit „Aufrühren“ im Sinne von „Erwecken“. Denn der Begriff stammt aus einem Gebet, das am Sonntag vor dem Advent gesprochen wird: „Stir up, we beseech thee, O Lord, the wills of thy faithful people“ – „erwecke, oh Herr, den Willen deiner treuen Gefolgsleute“. Auch bei uns ist der 21. November ein religiöser Feiertag: Totensonntag oder auch Ewigkeitssonntag.
Sehr beliebt bei unseren Kundinnen und Kunden ist der Christmas Pudding von Wilkin & Sons, den wir zur Weihnachtszeit seit vielen Jahren im Sortiment führen. Die Keramikform lässt sich später weiterverwenden. Tipp fürs Flambieren: den Alkohol vorher im Löffel über der Herdplatte oder in einem kleinen Topf leicht erwärmen.
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