Britanniens süßeste Klassiker von Wimbledon bis Yorkshire Mess
Es gibt Zutaten, die klingen nach Hochsommer, ganz ohne Wetterbericht. In Großbritannien gehört die Erdbeere zur Saison wie die Chips zum Fish oder die Wellies zu Glastonbury. Sie ist keine Zutat, sie ist ein echtes Ereignis. Und nirgendwo wird sie so kultisch verehrt wie auf der Insel – mit Sahne und Stil, versteht sich.
Wenn Ende Juni die Tennisplätze von Wimbledon öffnen und die Ränge sich mit Strohhüten, Union Jacks und Gläser mit Pimm’s füllen, ist klar: Jetzt ist Erdbeerzeit. „Strawberries and Cream“ ist dort mehr als ein Dessert – es ist Tradition, Pflichttermin und emotionaler Treibstoff für Matches in fünf Sätzen. Mehr als 38 Tonnen Erdbeeren und 10.000 Liter Sahne werden jedes Jahr während des Turniers serviert – handgepflückt, handgereicht und natürlich in der exakt richtigen Reife.
Doch nicht nur Wimbledon nimmt die Erdbeere ernst. Auch auf Landgütern, in Dorfbäckereien und gehobenen Pubs kommt die kleine Frucht ganz groß raus – als Bramble, Eton Mess, Trifle oder Pavlova.
Eton Mess – Chaos mit Methode
Benannt nach dem Elite-Internat Eton College ist dieses Dessert ein perfekter Beweis dafür, dass man nicht immer Regeln braucht, selbst im strengen Internat. Zerdrückte Baisers, frische Erdbeeren, ein großzügiger Schlag Sahne – fertig ist das kulinarische Durcheinander. Der Legende nach wurde der Nachtisch beim Cricketspiel in einem Hundekorb zermatscht und trotzdem gegessen. Heute ist Eton Mess von keiner sommerlichen Speisekarte mehr wegzudenken – ob beim High Tea in Mayfair oder auf den bunten Picknickdecken von Devon.
The Bramble – Die leckerste Vereinigung von Alkohol und Beeren
Der Bramble ist kein Dessert im klassischen Sinne, aber ein würdiger Vertreter britischer Erdbeer-Kultur. Entstanden in den 1980ern in einer Bar in Soho, kombiniert der Cocktail Gin, Zitronensaft, Crème de Mûre und frische Beeren. Er wird auf crushed ice serviert, sieht nach Instagram aus, schmeckt aber nach Urlaub. Besonders beliebt ist die Variante mit Erdbeere statt Brombeere. Man sagt, die Queen mochte ihn nicht – aber dafür fast alle anderen.
Trifle – Der Schichtbetrieb mit Stil
Löffelbiskuits, Sherry, Erdbeeren, Pudding, Sahne – repeat. Ein guter Trifle ist so britisch wie ein Sonntagsspaziergang im Nieselregen. Manche Rezepte schwören auf Jelly, andere auf frische Vanillecreme. Allen gemein: Die Erdbeere darf nicht fehlen. Serviert wird traditionell in einer Glas-Schale, damit man jede Schicht bewundern kann. Besonders sonntags bei traditionellen Familienfeiern darf der Trifle nicht fehlen.
Modern Mess – Von Cornwall bis Clerkenwell
Inzwischen taucht die Erdbeere auch in feinen Restaurants wieder vermehrt auf – gern gepaart mit Basilikum, schwarzem Pfeffer oder geröstetem Baiser. Die Sterneküche hat entdeckt, was die Großmutter schon wusste: Erdbeeren sind genügsam und wandelbar. Und: Sie verzeihen auch mal eine kreative Idee. Auf Wochenmärkten in Norfolk gibt’s Erdbeerbalsamico, in Clerkenwell kommt die Beere im Sauerteig-Brioche daher. In Cornwall serviert man sie mit clotted cream, warmen Scones und ohne viel Gerede.
Pimm's und Strawberry Festivals – Der Sommer hat Termine
Ein Sommer in England ohne Pimm's ist wie ein Scone ohne Cream. Der bittersüße Likör auf Gin-Basis, gemixt mit Limonade, Gurke, Minze, Orange und Erdbeeren gehört einfach dazu. In London, Brighton oder bei der Henley Royal Regatta: Pimm’s ist die flüssige Verlängerung von Strawberries and Clotted Cream. Noch direkter wird’s bei den Strawberry Festivals – etwa in Kent oder Somerset. Dort dreht sich im Juni alles um die Frucht: mit Verkostungen, Kuchenwettbewerben, Feldbesuchen und Vintage-Teezelten.
Serving for the Match!
Die Erdbeere ist Ritual und Sommer-Shortcut in einem. Und genau deshalb funktioniert sie auch immer wieder und in allerlei Varianten. Ob im Garten, am Tennisplatz oder auf der edlen Dessertkarte: Wenn der Sommer beginnt, hat die Erdbeere Hochsaison. Mit Sahne serviert, sind sie kein bloßer Nachtisch, sondern ein Statement in Sachen britischer Lebenskunst.
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