Das Herz unserer Freundin hüpfte vor Freude, als ihre englische Gastgeberin nach dem Essen "pudding" ankündigte. Nun würde sie endlich einmal dieses Wundergericht kosten, diesen warmen Kochpudding mit Vanille-, Karamell- oder Schokoladensauce, von dem sie soviel gehört hatte. Oder vielleicht mit Ingwer oder …
Was fand sie auf ihrem Dessertteller? Vanilleeis aus der Packung. Ganz kalt, kein Ingwerstückchen weit und breit.
Was genau die Engländer unter "pudding" verstehen, ist nämlich ein Kapitel für sich. Zum einen ist dieses Wort einfach ein Oberbegriff für Nachtisch, austauschbar mit "dessert" oder dem umgangssprachlichen "afters". Es kann auch ein Obstsalat sein oder Tiramisu oder ein Sorbet.
Zum anderen ist "pudding" genau das, was unsere Freundin sich vergeblich erhofft hatte, nämlich ein im Wasserbad zubereiteter Kochpudding, fast eine Art Kuchen. Es gibt ihn in vielen Varianten – mit Schokolade, mit Nüssen oder Mandeln, als klebrig-köstlichen "sticky toffee pudding", mit und ohne Gewürze. Er wird aus der Form gestürzt, und wenn es ein richtig guter Pudding ist, dann hat sich beim Kochen eine süße Sauce gebildet, die dekorativ herunterläuft.
König aller Puddinge ist natürlich der Christmas Pudding aus Rosinen, Trockenfrüchten, Alkohol, Nüssen und weihnachtlichen Gewürzen. Das versteht sich von selbst.
Nun gibt es aber auch noch salzige Puddinge.
- "Black pudding" ist Blutwurst und wird warm zum Frühstück gereicht.
- "Steak and kidney pudding" ist eine Pastete aus Rindfleisch mit Nierchen, aber sie darf nicht knusprig sein, sonst ist sie ein "steak and kidney pie".
- Yorkshire pudding hat mit Wasserbädern rein gar nichts zu tun, sondern wird aus Pfannkuchenteig gemacht, im Ofen gebacken und zum Roastbeef serviert.
Um die Verwirrung komplett zu machen: Was wir Deutschen heute unter Pudding verstehen, nämlich Vanille- oder Schokopudding aus der Tüte, das heißt im englischen niemals "pudding". Sondern "custard", sofern es nach Vanille schmeckt, oder "chocolate pot" mit Schokoladengeschmack oder auf gut Englisch "blancmange".
Übrigens war auch in Deutschland die Tradition des süßen oder salzigen Kochpuddings verbreitet, leider ist er fast ausgestorben. Damals hieß Vanillepudding bei uns "Flammeri", ein heute ungebräuchliches Wort. Zu unserer Überraschung ist es uns neulich in einem englischen Kochbüchlein aus Shropshire begegnet: "blackberry flummery", Pudding mit Brombeeren.
Womit wieder bestätigt ist, dass gute Küche und Sprache keine Grenzen kennen. Nicht zuletzt kommt auch das Wort Pudding aus dem Französischen – von "boudin", Blutwurst.
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