Engländer, so sagt man, sind spleenig. Oder: Sie haben einen Spleen. Gemeint ist, dass sie leicht verrückte Angewohnheiten haben.
- Zum Beispiel ziehen sie sich bei Kälte nicht warm an,
- manche gehen sogar im Winter im Meer baden.
- Sie träufeln Essig auf ihre Pommes,
- spielen kostümiert historische Schlachten nach,
- stehen mit Inbrunst Schlange und so weiter und so fort.
Hierzu ist zweierlei zu sagen:
- Erstens sind das natürlich alles Klischees, ist ja klar (aber, wie immer, nicht völlig ohne wahren Kern).
- Zweitens gibt es das Wort Spleen im Englischen gar nicht, jedenfalls nicht in diesem Sinne.
Ein „spleen“ bezeichnet ein Organ, und zwar die Milz. Wer seltsame Angewohnheiten hat, verhält sich im englischen Sprachgebrauch „quirky“ oder halt „eccentric“ (der erste Ausdruck ist liebenswerter als der zweite).
Aber natürlich gibt es einen Grund dafür, dass „Spleen“ im Deutschen diese Bedeutung hat. Seit den alten Griechen glaubte man ja, das bestimmte Organe für unser Gefühlsleben zuständig sind, daher etwa Ausdrücke wie „es ist ihm etwas über die Leber gelaufen“ oder „da kommt mir die Galle hoch“; und das Wort Melancholie bedeutet „schwarze Galle“. Offenbar rechnete man der Milz ebenfalls Einfluss aufs Verhalten zu, obwohl sie eigentlich in erster Linie für die Immunabwehr verantwortlich ist. Bis ins 18. Jahrhundert war „spleen“ im Englischen ein gebräuchlicher Ausdruck für Stimmung, Laune, und zwar eher mit negativer Bedeutung. Von dort bis zur kleinen Verrücktheit ist es ja nicht mehr ganz so weit.
Fazit: Wir sagen Engländern aus Höflichkeit ohnehin nicht, dass sie einen Spleen haben. Tun wir es doch, liefern wir die Erklärung gleich mit.
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