stilvoll ins Verderben
Der Untergang der Titanic, der sich am 14. April zum 105. Mal jährt, ist zu einer Legende geworden. Das liegt nicht nur an der großen Zahl der Opfer, denn es hat, wenn man danach geht, noch schrecklichere Schiffsunglücke gegeben. Aber der Zeitpunkt und die Umstände haben dazu beigetragen, dieses tragische Ereignis mit einer Symbolik zu umgeben, die es in der Erinnerung überdauern lässt. Wir vermuten mal, dass auch künftige Generationen mit dem Namen Titanic etwas anfangen können.
Apropos: Allein der Name spiegelt Größenwahn. Die Titanen der Mythologie waren eine mächtige Götterfamilie, die jedoch unterging … nicht gerade eine glückliche Wahl der Namenspaten. Als das Schiff in Belfast vom Stapel lief, war „titanisch“ aber schon zu einem Synonym für „gigantisch“ geworden, und riesig war sie ja für die damalige Zeit. Heutige Kreuzfahrtschiffe würden sie um ein Vielfaches überragen. Aber auch sie sind im Zweifel allein auf dem riesigen Ozean.
Die Reise der Titanic ins Verderben hat noch in mehrfacher Hinsicht symbolische Bedeutung. Erstens war die Widerlegung der dreisten Behauptung, sie sei unsinkbar, der Anfang vom Ende bedingungsloser Technikgläubigkeit – im 19. Jahrhundert war so viel erfunden und entwickelt worden, dass man Ingenieure fast für unfehlbar hielt. Zweitens reiste da eine Drei-Klassen-Gesellschaft dem Unheil entgegen, die bald danach so nicht mehr existierte. Der Erste Weltkrieg stellte alles auf den Kopf, der Zweite kam im Gefolge, nichts war mehr wie früher. Zementierte Gesellschaftsstrukturen begannen sich aufzulösen, die einfachen Leute begehrten auf. Dass nach dem Schiffsunglück berichtet wurde, man habe viele Passagiere der dritten Klasse gar nicht in die Rettungsboote gelassen, heizte den Zorn gegen soziale Ungerechtigkeit an.
Und drittens war die Titanic eben kein rostiger Frachter, sondern eine Schönheit, Inbegriff des Luxus und Komforts. Ein Fitnessraum, ein Hallenbad an Bord, wer hatte davon je gehört! Dass dieses Wunderwerk einfach auseinanderbrach und so viele Menschen, die wenige Stunden zuvor noch gepflegt konversiert und am Brandy genippt hatten, in den Abgrund riss, war eine unglaubliche Vorstellung.
Und so ist eine Havarie mitten auf dem Atlantik zu einer der großen Geschichten der Menschheit geworden, unzählige Male erzählt und verfilmt und wieder verfilmt. Heute gibt es keine Überlebenden mehr. Das futuristisch gestaltete Titanic-Museum in Belfast aber beleuchtet eine Facette, die sonst oft im Dunkeln bleibt: die Entstehung des Schiffes.
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