Die „Stiff Upper Lip“ gilt als Symbol des britischen und besonders des englischen Wesens. Wer seine Oberlippe unbeweglich hält, zeigt seine Gefühle nicht (was nicht heißt, dass er oder sie keine hat!) und wahrt die Fassade. Diese Geisteshaltung wurde jahrzehntelang insbesondere Jungen und insbesondere den Schülern der Public Schools (die entgegen ihrem Namen Privatschulen und -internate sind) antrainiert. Mädchen durften etwas weniger stoisch sein, aber auch keine Heulsusen.
Meist wird der Ausdruck mit dem Verb „keep“ kombiniert wird („I kept a stiff upper lip!“). Woher er stammt, ist unklar. Eigentlich ist es ja eher die Unterlippe, die ins Zittern gerät, wenn uns die Gefühle übermannen. Wackelt die Oberlippe auch mit, dann ist es wirklich schlimm. Vielleicht deshalb die Formulierung? Außerdem kann man mit einer steifen Oberlippe weder den Mund traurig verziehen noch lächeln.
Das Konzept der Stiff Upper Lip hat Vorteile, denn es hilft, Krisen durchzustehen – bis heute sind die Briten Meister darin, nach schrecklichen Ereignissen wie Terroranschlägen zusammenzuhalten und (dem Anschein nach) zur Tagesordnung überzugehen. Manchmal hilft halt nur noch Verdrängung. Andererseits sehen Psychologen es nicht so gern, wenn keine Gefühle geäußert werden, und die Auswirkungen auf die seelische Gesundheit sind schwer abzuschätzen. Deshalb ist es ein Fortschritt, dass auch Männer heute Gefühle zeigen dürfen. Prinzessin Dianas Söhne haben es vorgemacht. Bei der Beerdigung ihrer Mutter schritten sie scheinbar emotionslos hinter dem Sarg her, ein Anblick, der jedes mitfühlende Herz bewegte. Zwei Jahrzehnte später haben sie über ihre Trauer gesprochen.
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