Alte englische Häuser haben viele Besonderheiten, vom Kamin bis zum Wäscheschrank unter der Treppe, die schönste ist aber gleich von außen sichtbar: das „bay window“. Es ziert vor allem viktorianische Reihenhäuser. „Bay“ heißt bekanntlich „Bucht“, und das gleichnamige Fenster wölbt sich rund oder vieleckig vor die Hausfassade – man könnte von einem Erker im Erdgeschoss sprechen. Es vergrößert den Wohnraum, lässt mehr Licht ins Haus und bietet Rundumsicht nach außen. Perfekt sind „bay windows“, die eine Sitzbank haben. Dort kann der Mensch (oder die Hauskatze) gemütlich Platz nehmen, das Leben auf der Straße oder im Vorgarten beobachten und vor sich hinträumen.
Die Buchtfenster sind eigentlich älter und schon an mittelalterlichen Gebäuden zu sehen. Zu dieser Frühzeit hatten sie Butzenscheiben, was die Räume trotz der größeren Fensterfläche verdunkelte. Richtig groß in Mode kam dieser architektonische Gag dann im 18. Jahrhundert, der (nach den Königen benannten) georgianischen Zeit. Hier entstand erstmals die klassische Kombination „roter Stein, weißer Fensterrahmen“, der auch im nächsten Jahrhundert nicht aus der Mode kam.
Wer also ein „bay window“ sein eigen nennt, kann stolz und glücklich sein, hat aber auch gewisse Herausforderungen zu bewältigen. Erstens sind die herausragenden Erkerfenster nicht ganz leicht zu dekorieren. Am besten sehen sie ohne Vorhänge aus, was aber dem Wunsch nach Privatsphäre zuwiderläuft. Beliebte Lösungen sind Rollos und Jalousien. Zweitens ist Doppelverglasung noch immer nicht Standard im Vereinigten Königreich. Ein einfach verglastes „bay window“ aber lässt viel Wärme hinaus und Kaltluft hinein. Drittens weiß so mancher Hausbesitzer nicht so recht, wie er das Fenster möblieren soll, sofern er oder sie eben keinen „window seat“ einbauen lässt. Ein davor gestelltes Sofa muss von den Abmessungen her genau passen, ein Regal fügt sich meist nicht so harmonisch ins Rund. Es soll sogar Leute geben, die einen Schrank vor das Fenster stellen, aber das kennen wir nur aus Erzählungen. Die meisten Menschen haben das nötige Fingerspitzengefühl, das ein solch schönes Fenster einfach verdient hat!
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