Wenn aus Freundschaft Hass wird, kann das blutig enden. So war es jedenfalls im Fall des Kirchenmannes Thomas Becket, des Erzbischofs von Canterbury, der 1170 in seiner Kathedrale erschlagen wurde. Auftraggeber, zumindest indirekt, war König Heinrich II., dessen engster Vertrauter Becket über viele Jahre gewesen war. Der König hatte ihm sogar den eigenen Sohn zur Erziehung anvertraut.
Bis heute brennt stets eine Kerze an der Stelle, wo Becket sein Leben ließ, getötet von vier mit Schwertern bewaffneten Männern. Am 21. Dezember ist sein 900. Geburtstag. Jedenfalls nimmt man das an, er könnte auch 1119 oder 1120 geboren sein. Fest steht dagegen das Datum seines Todes: der 29. Dezember 1170.
Der Fall Thomas Becket beweist wieder einmal, dass das Leben die dramatischsten Geschichten schreibt. Heinrich selbst hatte seinen Freund zum Erzbischof ernannt, wohl auch in der Hoffnung, leichteres Spiel mit ihm als mit dem verstorbenen Vorgänger zu haben. Denn wie so oft schwelte ein Machtkampf zwischen Kirche und Krone. Zum Erstaunen Heinrichs nahm Becket – bis dahin ein leichtlebiger, wenn auch ungewöhnlich gebildeter Höfling mit theologischem Hintergrund – das neue Amt aber sehr, sehr ernst. Er verwandelte sich in einen Asketen, der weltliche Freuden ablehnte und erbittert für die Rechte seiner Kirche kämpfte. Letztlich entzündete sich der Streit an der Frage, ob Kirchenmänner auf Abwegen vor ein kirchliches oder ein weltliches Gericht gestellt werden sollten. Die Diskussion wurde so hitzig, dass Becket nach Frankreich floh und einige Zeit dort verbrachte, im Dezember 1170 aber zurückkehrte. Was ein Fehler war.
Ob Heinrich den Mord anordnete oder nicht, ist umstritten. Vielleicht war sein Ausruf „wird mich denn niemand von diesem aufrührerischen Priester befreien?“, der vier seiner Ritter zum Schwert greifen ließ, nur rhetorisch gemeint. Der Papst aber sah eine Mitschuld des Königs und zwang ihn, vor dem Grabmal Beckets mit einer Geißelung Buße zu tun – eine in jeder Hinsicht peinliche Angelegenheit für einen Monarchen. Schon drei Jahre nach seinem Tod wurde Becket heiliggesprochen, und Canterbury entwickelte sich zu einer Pilgerstätte. Sein Grab ist allerdings im 16. Jahrhundert während der Reformation zerstört worden.
Beckets Schicksal hat viele Schriftsteller, darunter T. S. Eliot („Mord im Dom“) und Jean Anouilh („Becket oder Die Ehre Gottes“) inspiriert. Auch in Ken Folletts „Die Säulen der Erde“ ist der Mord ein Thema.
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