Wer die Königin zur Kundin hat, darf sich glücklich schätzen: Der Status des Hoflieferanten ist ein begehrtes Qualitätssiegel und hat jahrhundertelange Tradition. Seit die Königinmutter 2002 und Prinz Philip 2021 gestorben sind, vergeben nur noch die Queen selbst und Prince Charles die sogenannten „Royal Warrants“. Der Name bedeutet in etwa „Königliche Vollmacht“. Derzeit dürfen sich rund 900 Unternehmen mit dieser besonderen Auszeichnung schmücken und das Wappen des jeweiligen Familienmitglieds an der Fassade, im Internetauftritt und auf dem Briefpapier verwenden – aber nur ganz dezent und auf Widerruf!
Nicht jede Firma, die gelegentlich etwas an den Königshof verkauft, ist damit schon Hoflieferant. Um Träger eines Royal Warrants zu werden, muss die Geschäftsbeziehung mindestens fünf Jahre bestehen – und natürlich müssen die königlichen Kunden mit der Qualität der Waren oder der Dienstleistung zufrieden sein. Erst dann erfolgt ein offizielles Auswahlverfahren nach den Regeln des Lord Chamberlain, des Hofmarschalls. Zu den Auswahlkriterien gehört heute auch eine auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit ausgelegte Geschäftspolitik. Wird ein Warrant vergeben, so gilt er zunächst für fünf Jahre; ein Jahr vor Ablauf der Frist wird neu entschieden. Es kommt immer wieder vor, dass Firmen die Auszeichnung einbüßen – weil die Qualität nicht stimmt, das Produkt nicht mehr benötigt wird, das Unternehmen von Dritten übernommen wurde oder nicht mehr existiert. Jedes Jahr werden auch neue Firmen in die noble Runde aufgenommen, sodass die Zahl immer ungefähr gleich bleibt und alles umfasst vom Autohersteller bis zum Süßwaren-Produzenten. Ein Schwerpunkt liegt aber auf traditioneller Handwerkskunst. Bestimmte Branchen sind grundsätzlich ausgenommen, zum Beispiel Banken, Tierarzt-Praxen und Medien. Eine Bewerbung um einen Royal Warrant kostet nichts, umgekehrt zahlen die königlichen Haushalte selbstverständlich für alles, was sie beziehen.
Das Prinzip der Royal Warrants geht bis ins Mittelalter zurück; die ersten „craftsmen“, die 1155 eine Art Gütesiegel von Heinrich II. erhielten, waren Tuchweber. 1476 wurde ein gewisser William Caxton, der erste Drucker Englands, zum „Royal Printer“ ernannt. Nach dem englischen Bürgerkrieg im 17. Jahrhundert gab es einige Jahre keine Hoflieferanten aus dem einfachen Grund, dass es keinen Königshof mehr gab – die Puritaner regierten und schafften diese Tradition gemeinsam mit vielen anderen ab. Aber die Restauration ließ nicht lange auf sich warten, und als Charles II. 1660 den Thron bestieg, führte er die Royal Warrants wieder ein. Und dabei blieb es.
Beitrag aktualisiert am 24. August 2022
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