Zum heutigen walisischen Nationalfeiertag St. David's Day wollen wir uns einen echten Kulturschatz des Landes Wales angucken: die Sprache. Wohl jeder hat schon mal ein Bild des berühmten Bahnhofsschilds von Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch gesehen – dieses Dorf auf der Insel Anglesey hat den längsten Ortsnamen Europas und den zweitlängsten auf der Welt (nach, bitte mal nachsprechen, Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatah in Neuseeland). Der walisische Ortsname lässt sich als eine sehr umständliche Beschreibung der Lage des Dorfes übersetzen und erwähnt gleich zwei Kirchen, einen Haselbaum, Stromschnellen sowie eine Höhle. Möglicherweise wurde er schon im 19. Jahrhundert aus Publicity-Gründen ein wenig in die Länge gezogen.
Die walisische Sprache ist für unsere Ohren und Augen sehr fremd. Außer ein paar Lehnwörtern aus dem Englischen finden wir dort nichts, das an unsere Spracherfahrung anknüpft, und das ständige Doppel-L (das ungefähr wie „hl“ oder auch „dl“ klingt) verwirrt uns. Der Ursprung ist keltisch; „Cymraeg“, wie diese Sprache sich selbst nennt, hat null Verwandtschaft mit Englisch, dafür aber mit Bretonisch und Cornish, der alten Sprache aus Cornwall. Gemeinsame Wurzel ist das sogenannte Britonisch.
Von allen nichtenglischen Sprachen, die auf den Britischen Inseln noch gesprochen werden, ist Walisisch heute mit Abstand die lebendigste. Es ist die zweite Amtssprache und taucht auf Straßenschildern ebenso auf wie in Formularen und auf Speisekarten. Wie viele Menschen tatsächlich Cymraeg sprechen, wird je nach Quelle anders wiedergegeben; laut einer Umfrage des nationales Statistikamts waren es vor einem Jahr knapp 900.000 und somit fast 30 Prozent der Bevölkerung (mitgezählt werden alle Menschen über drei Jahre). Die allermeisten sprechen aber auch Englisch.
Im 19. Jahrhundert und bis ins 20. Jahrhundert wurde die walisische Sprache von der britischen Regierung aktiv unterdrückt – Schulkinder wurden sogar bestraft, wenn sie in ihrer Muttersprache redeten. Ab den 1960ern wandelte sich die Sichtweise, die einheimische Sprache wurde weniger als nationalistische Gefahr und mehr als kulturelle Bereicherung gesehen. Heute ist Welsh, wie die Engländer die Sprache nennen, geradezu cool und richtig im Kommen. Das zeigt sich unter anderem an TV-Serien wie „Hinterland – Y Gwyll“, die zuerst auf Walisisch gedreht und dann ins Englische übersetzt wurde. Bei uns hieß diese Serie sinnigerweise „Inspector Mathias – Mord in Wales“.
Wir wünschen den Walisern heute einen schönen Nationalfeiertag: Happy St. David's Day oder vielmehr Dydd Gŵyl Dewi Hapus!
Leserbriefe (0)
Keine Leserbriefe gefunden!