75 und kein bisschen leise
Er hat eine schwierige Kindheit, wilde Zeiten, Drogenexzess, eine Überdosis und Krebs überlebt und wird 2021 (hoffentlich) wieder mit „The Who“ auf der Bühne stehen. Pete Townshend, Gitarrist und Songwriter einer der berühmtesten Bands aus England, wird heute 75 Jahre alt.
Geboren wurde er im Londoner Stadtteil Chiswick, seine Eltern Cliff und Betty waren ebenfalls Musiker und trennten sich, als er vier war. Er kam für drei Jahre zu seiner Großmutter, an die er keine guten Erinnerungen hat. Danach ging es für ihn wieder in das London der Nachkriegszeit. Ehe er zu den „Sea Scouts“ kam, eine Art Pfadfinder-Bewegung auf der Themse, war er erstmal in einer Straßengang. Nur durch die Gitarre fand er schließlich seinen eigenen Weg und spricht über „The Who“ auch als seine eigene Gang. Er, Sänger Roger Daltrey und Bassist John Entwistle waren auf derselben Schule in Acton.
Mit „The Who“ feierte er Riesenerfolge, schrieb Hits und die Rockmusicals „Tommy“ und „Quadrophonia“, spielte in Woodstock und zerstörte bei Konzerten gemeinsam mit dem Schlagzeuger Keith Moon gerne mal die Instrumente der Band. Doch der sich verschlechternde Gesundheitszustand von Moon und schließlich sein Tod im Jahr 1978 an einer Überdosis des Medikaments Heminevrin, das zur Behandlung seines hohen Alkoholkonsums eingesetzt worden war, ließen die Band straucheln. Nach Townsends eigener Alkoholsucht und einer Überdosis Drogen löste sich die Band 1983 schließlich auf. Trotzdem konnten sie doch nicht ganz voneinander lassen: „The Who“ spielte bei Live Aid auf Bitten von Bob Geldof 1985 mit, es folgten immer mal wieder kurze gemeinsame Projekte und Auftritte. 1999 gab es dann eine erste Reunion mit diversen Konzerten. Doch auch diese stand unter keinem guten Stern: 2001 starb der Bassist John Entwistle an einem Herzinfarkt nach Kokainkonsum. Daltrey und Townsend beendeten die Tournee und versuchten, mit anderen Musikern „The Who“ am Leben zu erhalten. Doch erst 2019 erschien ein Album mit neuen Songs, das letzte war 2006 erschienen, dazwischen gab es nur Liveaufnahmen oder Best-of-Alben sowie Soloalben. 2021 wird es dann hoffentlich wieder eine kleinere Tour durch England und Irland geben.
Bis heute inspiriert sein aggressiver Gitarrensound, aber auch seine Technik an der Akustik-Gitarre andere Musiker, und er beeinflusste den Hard Rock und Heavy Metal nachhaltig. Zudem hat er mit „Tommy“ einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Rockoper geleistet.
Neben der Musik ist er seit über drei Jahrzehnten literarisch aktiv. Er schreibt Artikel für Zeitungen und Zeitschriften, Bücher und Buchkritiken, Essays über verschiedene Themen sowie Drehbücher für Radio- und Bühnenproduktionen. 2019 erschien sein erster Roman „The Age of Anxiety“ (dt. „Das Zeitalter der Angst“), in dem er die Angst und den Wahnsinn des modernen Lebens erforscht, mit einer Geschichte, die sich über zwei Generationen einer Londoner Familie erstreckt.
Ähnlich wie seine Karriere ist auch sein Privatleben von Höhen und Tiefen geprägt. 1968 heiratete er Karen Astley, mit der er drei Kinder hat. Das Paar trennte sich 1994, die Scheidung folgte allerdings erst 2009. Seit über zwanzig Jahren ist er mit Rachel Fuller liiert, sie haben 2016 sehr privat geheiratet. 2003 war er in Ermittlungen zu einer kinderpornographischen Webseite involviert, es kam zu einer regelrechten Hexenjagd auf ihn, Computer mit neuen Songs wurden von der Polizei konfisziert. Aber auch dieser Zeit konnte er etwas Gutes abgewinnen, denn er machte eine Darmspiegelung, bei der Krebs entdeckt wurde. Dieser konnte sofort entfernt werden, da er noch nicht gestreut hatte. In den letzten Jahren machte ihn seine zunehmende Taubheit und ein Tinnitus zu schaffen, und er bemüht sich laut Roger Daltrey, seine letzten Reste Hörfähigkeit zu bewahren. Aber auch hier gibt er nicht auf, sondern kämpft um das, was ihm wichtig ist: sein kreatives Schaffen.
Neuigkeiten zur Tournee finden Sie auf der Webseite von „The Who“: www.thewho.com/tour/
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