Eine kuriose Geschichte
Wie kam die London Bridge in die Wüste von Arizona (USA)? In sorgfältig nummerierten Einzelteilen per Schiff: Seit genau 50 Jahren steht sie am Lake Havasu, wo sie nach ihrem Transport aus der britischen Hauptstadt wiederaufgebaut und am 10. Oktober 1971 feierlich eingeweiht wurde. Bis heute ist sie eine Touristenattraktion; genau das war das Ziel des amerikanischen Unternehmers Robert P. McCulloch, der sie für knapp 2,5 Millionen Dollar ersteigerte und über den großen Teich bringen ließ.
Es handelt sich tatsächlich um das Original Londoner Brückenbauwerk aus dem Jahre 1831, das in den 1960er-Jahren marode geworden und durch eine neue Brücke ersetzt werden musste. Die Stadt London wollte die noch brauchbaren Teile verkaufen, vor allem die kostbare Granitverkleidung, aber auch die nostalgischen Laternen, die nach der Schlacht von Waterloo aus eingeschmolzenen Kanonen der Armee Napoleons gefertigt worden waren.
Den Zuschlag bekam Mr. McCulloch, der sein mit der Produktion von Kettensägen erworbenes Vermögen gern in den Aufbau einer neuen, aus dem Sandboden gestampften Stadt in der Mojave-Wüste investieren wollte. Er ist somit Gründervater von Lake Havasu City. Um Grundstücksinteressenten und Geschäftsleute anzuziehen, suchte er nach etwas ganz Besonderem und wurde an der Themse fündig. Die rekonstruierte Brücke – die übrigens auch vielen Fledermäusen und Schwalben Heimat bietet – überspannt einen künstlichen Flussarm des Colorado, der an dieser Stelle zum Havasu-See aufgestaut wird. Lake Havasu City hat heute um die 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das „English Village“, ein im Disney-Stil gestaltetes Einkaufszentrum komplett mit Pubs, kam über die Jahre aber herunter und ist inzwischen abgerissen worden. Dort steht jetzt ein Hotel.
Die heutige London Bridge an der Themse wurde übrigens 1973 eröffnet. Sie ist im typischen Beton-Schick der Zeit erbaut und längst nicht so elegant wie ihre Vorgängerin.
Immer wieder hört man, McCulloch habe die natürlich viel spektakulärere Tower Bridge kaufen wollen, sich aber die London Bridge andrehen lassen und nach Ankunft der Lieferung eine herbe Enttäuschung erlitten. Aber das erscheint doch unwahrscheinlich, da solche Geschäfte ja nicht ohne Unterlagen und Verträge abgeschlossen werden – auch nicht in den 1960ern. Immerhin ist es aber eine gute Geschichte.
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