You can say you to me
Du oder Sie? Diese Frage stellt sich in der englischen Sprache erstmal nicht, da es zum „you“ keine alternative Anrede gibt. Das freundliche Duz-Angebot aus der Überschrift, „you can say you to me“, ist also (natürlich) Quatsch. Es wird wahlweise Heinrich Lübke oder Helmut Kohl in den Mund gelegt, im Gespräch mit – ebenfalls wahlweise – Königin Elizabeth II. oder Ronald Reagan. Wir dürfen den Satz getrost ins Reich der Mythen verbannen, wo er neben „equal goes it loose“ sicher ein gemütliches Plätzchen findet. Das ist nämlich ebenfalls ein erfundenes Zitat, das Lübke angedichtet wurde (und zwar vom „Spiegel“). Der Bundespräsident konnte allerdings tatsächlich sehr schlecht Englisch.
Zwischen den Zeilen
Aber wie ist das nun mit dem Siezen? Dass die Britinnen und Briten nur „you“ kennen und etwa am Arbeitsplatz fast alle mit Vornamen anreden, sollte uns nicht darüber hinwegtäuschen: Sie beherrschen das Spiel mit Nähe und Distanz genauso gut wie wir, eher besser. Die Botschaft, ob wir eher geduzt oder gesiezt werden, vermittelt sich zwischen den Zeilen. Faustregel: Je salopper der Ton, desto mehr dürfen wir uns geduzt fühlen „Hi, great to see you“ fällt in diese Kategorie, „How do you do?“ nicht. Am besten passen wir unsere Antwort dem Stil an, so gut es die Englischkenntnisse halt hergeben.
Vor- oder Nachname?
Dass wir mit dem Vornamen angesprochen werden, hat aber erstmal wenig zu bedeuten! „Good Morning, Jane, I hope you had a nice journey“ birgt eher ein Siezen. Stellt sich jemand mit dem Nachnamen vor und macht uns kein Angebot, ihn oder sie mit dem Vornamen zu nennen, dann ist das Eis noch ziemlich dick – was aber nicht heißt, dass das unfreundlich gemeint ist. Manche Leute sind halt etwas distanzierter als andere und brauchen länger, und das ist ja auch okay so. Mit dem englischen Sprichwort „when in Rome do as the Romans do“ – richte dich nach den Sitten der Einheimischen – fahren wir immer am besten. Und brauchen uns den Kopf nicht zu zerbrechen.
„Thou“ und „ye“ statt „you“
Es gibt allerdings auch noch das Wörtchen „thou“ – eine sehr altertümliche Anrede, die wir heute fast nur noch im Theater, vor allem in Shakespeare-Stücken, hören oder in historischen Filmen. Schon im 17. Jahrhundert wurde das „thou“ mitsamt seinen Deklinationsformen „thy“ oder „thine“ im Genitiv, „thee“ im Dativ und Akkusativ ungebräuchlich. Der Plural war übrigens „ye“, ihr. War es nun ein Duzen oder ein Siezen? Eher ein Duzen – der Ausdruck wies auf eine engere Beziehung hin.
Das „thou“ hat sich in einigen nordenglischen und schottischen Lokaldialekten erhalten. Und im Gebet: „Our Father who art in Heaven, hallowed be Thy Name, Thy Kingdom come …“: So beginnt das Vaterunser auf Englisch. Neben dieser traditionellen Form besteht in der Church of England gleichberechtigt eine moderne: „Our Father in Heaven, hallowed be Your Name, Your Kingdom come …“
Leserbriefe (2)
Christa Kattwinkel-Kock
am 27.03.2024Es gibt „you“ 2. Person Einzahl und „you“ 2. Person Mehrzahl.
Ebenso wie die Franzosen „tu“ und „vous“ benutzen, wenn es um Vertrautheit oder Distanz geht, machen es die Briten, nur dass hier das „you“ das vermeintlich gleiche Wort ist und so nur durch Intonation bzw. Benehmen usw. unterschieden werden kann, ob wir „du“ oder „ihr“ meinen. Die Geschichte, warum wir im Deutschen die 3. Person Mehrzahl zur Anrede benutzen, ist wieder eine andere. Das „sie“ findet sich ja auch irritierenderweise in der 3. Person Einzahl.
Ich hoffe, ich konnte mich klar ausdrücken.
Liebe Grüße :-)
THE BRITISH SHOP Online-Team
am 28.03.2024vielen Dank für Ihren Leserbrief! Ja, das ist wirklich eine trickreiche Sache mit dem englischen "you", denn gerade für uns Deutschen ist die Intonation im Englischen manchmal sehr schwierig in seinen Nuancen zu verstehen. Deshalb versuchen wir ja auch, gerade hier im Blog Tipps zu geben, wie man mit solchen sprachlichen Feinheiten umgehen kann. Und da helfen Ihre Erklärungen auch, also vielen Dank dafür!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Online-Team von THE BRITISH SHOP