Interview mit Anke McKernan
Etwa 30 Kilometer von Limerick entfernt liegt Tuamgraney in Irland, in dem die Schals der McKernan Woollen Mills produziert werden. Der kleine Familienbetrieb ist fest in den Händen von Eugene and Anke McKernan. Mit ihr haben wir über das Leben als Deutsche in Irland und ihre Strickwaren gesprochen.
Natürlich müssen wir das zuerst fragen: Anke ist ein sehr deutscher Name. Wie kommt es, dass Sie jetzt Schals in Westirland produzieren?
Nach meiner Ausbildung zur Handweberin habe ich in Irland gearbeitet und meinen Mann Eugene kennengelernt. Wir haben dann ein paar Jahre in meiner Heimatstadt Wunstorf gelebt und unsere Weberei aufgebaut. 1991 sind mit unseren drei Kindern wieder nach Irland gezogen. Dass wir in Tuamgraney gelandet sind, war purer Zufall: Die Gegend hat uns gut gefallen, und wir haben hier ein mietbares Haus gefunden.
Wie ist das Leben und Arbeiten in East Clare für Sie?
Es war erst sehr schwer mit drei kleinen Kindern in ein anderes Land zu ziehen und keine Familie mehr in der Nähe zu haben, die einem mal die Kinder abnimmt. Das ist dann aber natürlich mit den Jahren immer besser geworden. Ich lebe jedenfalls sehr gerne in Irland, das Leben scheint hier unkomplizierter und harmonischer als anderswo. Die Iren sind Menschenfreunde, großzügig, gelassen und sehr gesprächig. Meinem Mann ist es zum Beispiel unmöglich im Supermarkt zu bezahlen, ohne eine Unterhaltung mit der Kassiererin/dem Kassierer anzufangen.
In East Clare selbst ist es wunderschön, wir haben viele grüne Hügel und einen großen See in der Nähe, in dem wir oft schwimmen gehen. Wir haben gerade die richtige Menge an Touristen, wir freuen uns jedenfalls über jeden, der kommt und unsere Werkstatt ansehen will, und wir zeigen und erklären alles gerne.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Schals?
Das mit der Inspiration stellt man sich von außen anders vor als es ist. Man muss einfach machen. Viel probieren, auch Sachen von denen man denkt, dass sie nicht funktionieren. Es gibt sehr selten die eine ausgereifte Idee, den Funken aus dem ein neues Produkt entsteht, sondern viel “trial and error”, und am Ende muss man dann die richtige Entscheidung treffen. Besonders, wenn mal viel Zeit in etwas investiert hat, ist es manchmal schwer, sich davon zu verabschieden.
Wie würden Sie den Stil von McKernan Woollen Mills beschreiben?
Farbenfroh, weich, natürlich, persönlich. Ich will Schals entwerfen, in die man sich verlieben kann, sei es wegen der Qualität, des Musters oder der Farben. Ich möchte, dass man allen unseren Produkten ansieht, dass sie mit Liebe gemacht sind.
Wie hat sich der Prozess der Schalherstellung bei McKernan Woollen Mills in den letzten Jahrzehnten verändert?
Wir haben mit Handweben angefangen und dann, nachdem wir nach Irland umgezogen sind, einige 100 Jahre alte Webmaschinen gekauft. Das war unsere eigene kleine industrielle Revolution. Vor zehn Jahren haben wir dann in unsere erste Strickmaschine investiert. Dafür mussten wir praktisch einen neuen Beruf lernen, aber es hat sich wirklich gelohnt. Wir haben jetzt 4 Strickmaschinen und 15 Mitarbeiter/innen und so viel mehr Möglichkeiten im Design.
Worauf sind Sie in Bezug auf Ihr Unternehmen besonders stolz?
Ich bin natürlich stolz, dass wir es so weit gebracht haben. Wir arbeiten mit einem super Team und sind der größte Arbeitgeber in unserem Dorf. Außerdem haben wir tolle Kunden. Ich freue mich immer wahnsinnig, wenn ich unverhofft auf einer Bahnfahrt oder in einer anderen Stadt jemanden sehe, der einen unserer Schals trägt. Dann gehe ich immer hin und sage, dass wir den gemacht haben. Ich glaube, auch unsere Kinder sagen zu wildfremden Leuten “my parents made that”!
Was lieben Sie am meisten an Ihrer Arbeit?
Ich liebe es, konzentriert zu arbeiten, und wenn das klappt, dann mache ich eigentlich alles gerne, sogar Buchhaltung.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Das hängt von der Jahreszeit ab. Im Spätherbst und Winter entwerfe ich die neue Kollektion, das ist sehr anstrengend, weil man täglich viele Entscheidungen treffen muss, von denen der Umsatz des nächsten Jahres abhängt. Ab Januar wird dann verkauft, wir nehmen an Messen teil und besuchen Kunden. Danach wird produziert, und diese Zeit ist am einfachsten für mich persönlich, es flutscht alles ganz gut so vor sich hin, ohne großen Druck. Ab August werden dann die Aufträge verschickt, und von da an kann ich mir nichts anderes mehr vornehmen. Die Regale sind zwar voll, aber irgendwas fehlt immer, und in dieser Zeit bin ich das Bindeglied zwischen Produktion und Versand. Außerdem kommen ständig Nachbestellungen rein, über die wir uns natürlich freuen, die aber noch mehr Sand ins Getriebe streuen.
Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Erstmal wollen wir ein Haus für uns bauen, und darauf freue ich mich wahnsinnig! Unser Geschäft ist ja in den letzten Jahren immer größer geworden und unsere privaten Räume immer weniger, das heißt, das wir seit zehn Jahren in einer klitzekleinen Wohnung über unserem Laden wohnen. Wir freuen uns auf mehr Privatsphäre, Besuch von Familie und Freunden, die dann auch bei uns übernachten können, auf eine große Küche und einen Garten.
Was sind Ihre Ziele für die nächsten zehn Jahre?
Wir sind jetzt beide über 60, und obwohl wir uns nicht vorstellen können, gar nicht mehr zu arbeiten, müssen wir langsam über eine Nachfolge nachdenken. Der Laden sollte ohne oder zumindest erstmal mit weniger Engagement von uns laufen. Eugene will jemandem beibringen, die antiken Webmaschinen am Laufen zu halten, da gibt es nämlich ständig was zu reparieren. Ich möchte eine Textildesignerin an meiner Seite haben, die ich nach und nach einarbeiten kann, und ich hoffe natürlich, dass das auch frischen Wind in unsere Dessins bringt. Es steckt so viel Herzblut in unserem Geschäft und unser größter Wunsch ist, es hinzukriegen, dass es nach uns weiterbesteht.
Sie können ganzjährig Schals von McKernan Woollen Mills in unserem Online-Shop erwerben.
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