Oscar Wilde würde sicher auch heute noch für gehörig viel Aufsehen sorgen. Als extravaganter Dandy verstand er es einfach, sich in Szene zu setzen und den Menschen in Erinnerung zu bleiben. Neben seinem literarischen Werk ist er deshalb bis heute präsent. Im 19. Jahrhundert war das nicht anders, denn er gehörte damals zu den bekanntesten und auch umstrittensten Literaten seiner Zeit.
Als Dramatiker, Poet und Romanautor erlangte er Berühmtheit durch seine scharfsinnige Satire und seinen schlagfertigen Witz. Seine Werke stießen anfangs auf eher gemischte Reaktionen. Denn viele seiner viktorianischen Zeitgenossen sahen sie als unmoralisch an. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – gehörte er schon bald zu einer der bekanntesten Autoren seiner Zeit.
Oscar Wilde: Von Dublin nach Oxford
Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin als Oscar Fingal O’Flahertie Wills Wilde geboren. Sein Vater war ein angesehener Mediziner, der für seine Leistungen sogar mit einem Rittertitel geehrt wurde. Seine Mutter war eine Literatin und Dichterin, die das künstlerische Talent ihres Sohnes förderte und ihn auch zu seinen späteren Werken inspirierte. Schon schnell zeigte sich, dass der kleine Oscar künstlerisch enorm begabt und zudem ein herausragender Schüler war. Das brachte ihm schließlich auch ein Stipendium für das Trinity College in Dublin ein. Dort stellte er seine Begabung ebenfalls deutlich unter Beweis, als er die Berkeley Gold Medal für seine herausragenden schulischen Leistungen gewann.
Oscar Wilde war also schon früh ein Überflieger und Erfolg gewohnt. Deshalb war es keine Überraschung, dass er schließlich am Magdalen College an der Universität Oxford studierte, wo er seine Leidenschaft für die Ästhetik entdeckte. So unterschiedliche Menschen wie John Ruskin und Walter Horatio Pater prägten die künstlerischen Strömungen der damaligen Zeit und zogen mit ihren Ideen auch Oscar Wilde in ihren Bann. Von diesen Kunstauffassungen inspiriert, wurde Oscar Wilde schließlich zu einem führenden Vertreter der Ästhetik. Er trat energisch für das Motto „Kunst um der Kunst willen“ ein und forderte, dass vor allem die Schönheit in Kunst und Literatur im Vordergrund stehen sollte.
Scharfe Beobachtungen und brillante Komödien
Wilde veröffentlichte 1881 seine erste Gedichtsammlung, „Poems“, die durchwachsene Kritiken erhielt. Dennoch wurde er als aufstrebendes Talent wahrgenommen. Seine literarische Karriere nahm richtig Fahrt auf, als er eine Vortragsreise in den USA unternahm, wo er mit den unterschiedlichsten Künstlern und Literaten wie zum Beispiel Walt Whitman in Kontakt kam. Diese Reise war ein riesiger Erfolg, wurde aber teilweise von der Presse zerrissen.
Sein einziger Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ erschien 1890 und erregte großes Aufsehen. Kein Wunder, denn das Werk spiegelt die Widersprüche der menschlichen Natur wider. Mit Themen wie Schönheit, Vergänglichkeit, gesellschaftlichen Normen und Dekadenz nahm er jedoch auch die damalige Gesellschaft gehörig aufs Korn. Die Reaktionen der Leserschaft reichten dementsprechend von Schock bis Entzücken.
Wilde veröffentlichte danach so brillante Theaterkomödien wie „Lady Windermeres Fächer“ und „Ein idealer Gatte“. Sein berühmtestes Werk, „Ernst sein ist alles“ (1895), ist ein Meisterwerk der Satire, das die Heuchelei und den Dilettantismus der damaligen Gesellschaft mit Witz und Scharfsinn auf die Schippe nimmt.
Persönliche Kämpfe und sein tiefer Fall
Trotz seines öffentlichen Erfolges und seines literarischen Humors war Wildes persönliches Leben von Skandalen und Kontroversen geprägt. Er war verheiratet und hatte mit seiner Frau Constanze zwei Söhne, doch seine Homosexualität, die zur damaligen Zeit strafbar war, brachte ihn immer wieder in Schwierigkeiten. Seine Beziehung mit Lord Alfred Douglas führte schließlich zu einem handfesten Skandal, woraufhin er in der feinen Gesellschaft in Ungnade fiel und auch die Öffentlichkeit ihn erbarmungslos fallen ließ. Letztendlich wurde er wegen „grober Unanständigkeit“ verurteilt und musste eine zweijährige Haftstrafe verbüßen. Diese Zeit veränderte den extrovertierten Lebemann, denn im Gefängnis sinnierte Wilde über Themen wie Vergänglichkeit und Schmerz.
Nach seiner Entlassung zog Wilde auf das europäische Festland – wo er unter dem Namen Sebastian Melmoth lebte. Von seinem ausschweifenden Lebensstil war zu dieser Zeit nichts mehr übrig. Sein Ruf war dahin und die Haftstrafe hatte ihn gezeichnet. Während dieser Zeit schrieb er „Die Ballade vom Zuchthaus in Reading“, die seine Erfahrungen und seinen Schmerz widerspiegelt. Oscar Wilde starb im Hotel d’Alsace in Paris am 30. November 1900 – vermutlich an den Folgen einer Hirnhautentzündung. Er wurde 46 Jahre alt.
Ein Spiegel der Gesellschaft
Die Werke Oscar Wildes sind nicht nur literarisch bedeutend. Sie sind auch kulturelle und soziale Kommentare, die heute noch immer aktuell sind. Vor allem seine Themen wie individuelle Freiheit, Liebe, Gesellschaftsnormen und das Streben nach Schönheit berühren noch immer.
Denn Oscar Wildes Werke schauen tief in die Widersprüche der menschlichen Natur und halten der damaligen wie der heutigen Gesellschaft einen Spiegel vor.
Leserbriefe (2)
Hans-Joachim Stroth
am 18.10.2024THE BRITISH SHOP Online-Team
vor 3 Wochenim Original heißt der Spruch "I am dying beyond my means."
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis lebte Wilde seine letzten Jahre in Armut in Paris. Trotz seiner finanziellen Notlage wurde er vom Besitzer des Hotels, in dem er wohnte, im besten Zimmer untergebracht und erhielt das beste Essen und den besten Wein. Als Reaktion auf diese unverdiente Großzügigkeit soll Wilde diesen geistreichen Kommentar gemacht haben.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Stüber / Content Managerin