Im Rahmen der lit.COLOGNE hatten wir das Vergnügen, mit Cecelia Ahern zu sprechen – der irischen Bestsellerautorin von „P.S. Ich liebe dich“, deren Geschichten weltweit Millionen von Leserinnen und Leser bewegen. Im Gespräch erzählt sie von der Magie des Schreibens, emotionalen Momenten am Schreibtisch und davon, wie aus alltäglichen Beobachtungen literarische Welten entstehen.
Ihre Bücher sind auf der ganzen Welt bekannt und beliebt. Was inspiriert Sie beim Schreiben am meisten?
Ich glaube, ich habe es auf drei Dinge reduziert: Beobachtung, Fantasie und Erfahrung. Ich beobachte gerne Menschen. Ich bin nicht neugierig, aber ich beobachte gerne die Interaktionen zwischen Menschen. Und dann fängt meine Vorstellungskraft an zu arbeiten, einfach indem ich Menschen beobachte. Dann kommt eine Idee. Und wenn ich schreibe, bringe ich natürlich meine eigenen Erfahrungen ein. Nicht meine persönlichen Geschichten, aber meine Lebenserfahrungen. Das sind also die drei Quellen. Das scheint die Essenz all meiner Romane zu sein.
Viele Ihrer Romane, wie zum Beispiel „P.S. Ich liebe dich“, haben eine große emotionale Tiefe. Wie gelingt es Ihnen, diese Gefühle so authentisch zu vermitteln?
Um schreiben zu können, muss ich wirklich fühlen, was ich schreibe. Es ist ein bisschen wie „Method Writing“. Wenn ich etwas Trauriges schreibe, muss ich auch traurig sein. Wenn ich etwas Lustiges schreibe, muss ich lachen. Aber meistens weine ich beim Schreiben. Es ist, als würde ich mich in die Figur hineinversetzen, die Welt durch ihre Augen sehen und all meine Gefühle hineinlegen. Und ich glaube, wenn ich mich emotional mit der Geschichte verbinde, wird der Leser das auch tun. Ich glaube, das ist nicht das Wichtigste, aber es ist sehr wichtig in meinen Büchern. Natürlich möchte ich, dass die Leute meine Art zu schreiben und die Handlung mögen. Aber die emotionale Bindung ist auch wichtig.
Ihre Figuren sind oft sehr vielschichtig und komplex. Wie entwickeln Sie sie und gibt es Figuren, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Sie liegen mir alle sehr am Herzen! Aber meine Figuren entstehen erst, wenn ich die Grundidee für die Geschichte habe. Erst dann überlege ich mir, was für eine Person in dieser Situation sein könnte oder welcher Charakter in dieser Geschichte am spannendsten wäre. Und von da an entwickeln sie sich. Zum Beispiel bei „P.S. Ich liebe dich“: Die Idee war, dass ein Ehemann stirbt und Briefe hinterlässt. Was für eine Frau möchte ich in diesem Szenario erschaffen? Jemand, der seinen Weg verloren hat. Und von da aus arbeite ich mich vorwärts. Die Idee kommt immer zuerst. Und dann kann ich nicht aufhören, darüber nachzudenken. Die Figuren fangen an, in meinem Kopf lebendig zu werden, und ich kann mir ihre Stimmen vorstellen. Ich frage mich: Wer sind sie? Sind sie zynisch? Sarkastisch? Hoffnungsvoll? Und dann entwickelt sich daraus die Stimme.
Sie hören also die Stimmen Ihrer Figuren?
Ja, und noch mehr! Ich nenne es, wie schon erwähnt, „Method Writing“. Es ist ein bisschen so, als würde ich meine eigenen Filme in meinem Kopf drehen. Wenn ich spazieren gehe oder bügle oder was auch immer tue, lasse ich alles in meinem Kopf ablaufen. Ich sehe meine Ideen in meinem Kopf und dann kann ich sie aufschreiben, sobald ich sie vor meinem inneren Auge sehe.
Viele Ihrer Geschichten verbinden Realismus mit fantastischen Elementen. Was reizt Sie an dieser Mischung?
Ich liebe es. Ich finde, wenn man etwas Übernatürliches einbringt, macht es die Dinge klarer. Es ist wie in der Komödie. Durch Komödie kann man jemandem viel beibringen. Sie macht die Dinge leichter verdaulich. Viele Komiker sind großartige Philosophen und Menschenbeobachter. Das Gleiche empfinde ich beim Surrealismus oder beim magischen Realismus. Es ist, als würde man die Dinge ein wenig verdrehen, aber nur so kann ich die Dinge für mich klarer sehen.
Wie sieht ein typischer Schreibtag bei Ihnen aus? Haben Sie besondere Rituale oder Gewohnheiten?
Ich zünde immer eine Kerze an, die nach Limette, Basilikum und Mandarine duftet, was mein Lieblingsduft ist, wenn ich schreibe. Die Kerze ist von Jo Malone [britische Parfümeurin und Unternehmerin, Anmerkung der Redaktion]. Ich war einmal in derselben Fernsehsendung wie Jo Malone und erzählte ihr, dass ich immer ihre Kerzen anzünde, wenn ich meine Bücher schreibe. Daraufhin erklärte sie mir, dass Düfte ein Auslöser sind. Wenn wir etwas riechen, erinnert es uns an unsere Kindheit oder an einen bestimmten Moment in unserem Leben. Und sie sagte zu mir, dass wenn ich diese Kerze anzünde und diesen Duft rieche, dann weiß mein Gehirn, dass ich jetzt kreativ sein will. Das fand ich genial! Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, aber so ist es.
Und ich schreibe immer noch ganz altmodisch mit der Hand, mit einem Stift auf Papier. Für das aktuelle Buch habe ich schon 10 Stifte verbraucht!
Mein Tagesablauf ändert sich von Jahr zu Jahr, aber im Moment schreibe ich von 9 Uhr morgens bis 13 Uhr und dann von 21 Uhr bis Mitternacht. Ihre Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und sogar verfilmt worden.
Wie ist es, Ihre Geschichten auf der großen Leinwand zu sehen?
Oh, ich liebe es. Es ist so aufregend. Wenn jemand daran interessiert ist, sie zu verfilmen, muss man natürlich sicherstellen, dass es die richtigen Leute und das richtige Team sind und dass sie es aus den richtigen Gründen mögen. Aber ich liebe den ganzen Prozess, auch wenn sie manchmal Dinge im Vergleich zum Buch ändern. Meine Hoffnung ist, dass sie den Kern der Geschichte erfassen und ich mich nicht zu sehr darauf versteife, weil es eine Adaption ist. Ich liebe es, wie die Leute meine Geschichte interpretieren. Ich liebe die Zusammenarbeit. Ich liebe es, wenn meine Figuren zum Leben erwachen. Ich liebe es zu sehen, wie die Ideen, die ich in meinem Kopf habe, Wirklichkeit werden. Für mich ist das wie Magie.
Gibt es ein Genre oder ein Thema, mit dem Sie sich in Zukunft beschäftigen möchten?
Ich würde nie etwas ausschließen, aber ich liebe Krimis sehr, vor allem die klassischen. Ich würde also gerne etwas in dieser Richtung schreiben, über einen Detektiv oder jemanden, der Verbrechen aufklärt. Ich schreibe aber auch viele Geistergeschichten, die sehr düster sein können. Aber die will keiner als Roman veröffentlichen, also schreibe ich sie als Kurzgeschichten.
Gibt es bestimmte Orte in Irland, die Sie inspirieren und die in Ihren Geschichten eine Rolle spielen?
Ja, besonders in „Into the Storm“. Ich wurde von einem sogenannten „Rag Tree“ inspiriert, einem irischen Wunschbaum. Das ist ein Baum, der schon in vorchristlicher, heidnischer Zeit als heilend galt. Man nahm Stoff von einem geliebten Menschen, der krank war, oder von sich selbst, wenn man Vergebung suchte, und band ihn an einen Ast des Baumes. Wenn das Tuch verrottete, verschwand hoffentlich die Krankheit oder die Schuld. Ich sah einen solchen Baum im Botanischen Garten und er regte sofort meine Phantasie an.
Ich sah Hoffnung, ich sah Liebe, ich sah Angst und Traurigkeit und Geschichten, und ich dachte: „Ich möchte einen Roman über einen „Rag Tree“ schreiben. Und so entstand „Into the Storm“. Das Buch hat viel mit Irland zu tun. Es spielt zwar nicht in vorchristlicher Zeit, aber es geht immer wieder zurück auf all die heidnischen Glaubensvorstellungen, die wir in Irland noch haben und die immer noch irgendwie zentral für die Struktur unseres Lebens sind, obwohl die Menschen sie längst vergessen haben.
Gibt es irische Autoren, die Sie beeinflusst haben?
Nicht wirklich ein einzelnen Autor, sondern ich greife eher auf die alten irischen Legenden zurück, die wir in der Schule gelesen haben. Damals mochte ich sie nicht, aber jetzt sehe ich, wie sie mich inspiriert haben - Geschichten wie „Die Kinder von Lir“ oder „Tír na nÓg“.
Was können Ihre Leserinnen und Leser als Nächstes von Ihnen erwarten?
Mein nächstes Buch heißt „Ein Herz aus Papier und Sternen“. Es handelt von einer Frau, die mit 16 Jahren ein Kind bekommt. Wir treffen sie, als sie 32 ist und ihr Kind 16. Sie lebt bei ihren Eltern, die die Mutterrolle übernommen haben. Sie hat das Gefühl, die Kontrolle über ihr Leben verloren zu haben. Sie liebt Origami und schreibt Gedichte, die sie faltet und versteckt. Die Geschichte handelt davon, wie sie jemanden trifft, der ihr hilft, sich zu öffnen und zu erkennen, dass ihre Welt größer sein kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Es war mir ein Vergnügen!
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