Grüne Oasen für britische Schriftstellerinnen und Schriftsteller
Seit 1995 steht der Welttag des Buches und des Urheberrechts am 23. April ganz im Zeichen von Büchern, dem Lesen, der Kultur des geschriebenen Wortes und den Rechten von Autorinnen und Autoren. Aber was inspiriert eigentlich Schreibende? Woraus schöpfen sie ihre Kraft, ihre Ausdauer und ihre Kreativität? Was bringt sie auf Ideen und beflügelt ihren Wortschatz?
Gärten als Quelle für Inspiration
Viele der heute bekanntesten Werke der englischen Literatur haben eine Gemeinsamkeit: sie wären möglicherweise gar nicht oder zumindest ganz anders entstanden, wenn sie nicht in beeindruckenden Gärten oder Landstrichen geschrieben worden wären. Seit jeher dienen Gärten vielen Schriftstellerinnen und Schriftstellern gleichermaßen als Rückzugsort und als Kraftquelle. Sie prägen den Schaffensprozess, regen an und beruhigen das erhitzte Gemüt nach getaner Arbeit. Nicht wenige der grünen Oasen haben auch Erwähnung in den dort entstandenen Geschichten gefunden.
Daphne du Maurier, Agatha Christie und Jane Austen
Daphne du Maurier ließ ihre Romanheldin Rebecca beispielsweise die gleichen blutroten Rhododendren erblicken, die sie selbst in ihrem Garten zu Gesicht bekam.
Auf dem weitläufigen Grundstück um Agatha Christies Sommerhaus Greenway befindet sich ein Bootshaus. In ihrem Roman „Wiedersehen mit Mrs Oliver“ aus dem Jahr 1956 wird eine Leiche in einem solchen Bootshaus gefunden. Vielleicht war das auch der Grund dafür, dass die Dreharbeiten zu „Dead Man’s Folly“ mit David Suchet in der Rolle des Hercule Poirot auf Greenway stattfanden. Es heißt, Agatha Christie habe sich sofort in das Haus und die Gärten verliebt. Auch „Das unvollendete Bildnis“ (1943) und „Tödlicher Irrtum“ (1958) entstanden hier.
Und glauben Sie wirklich, Mr Darcy und Elizabeth Bennet hätten ohne die grandiosen Landschaftsbilder denselben Eindruck bei den Menschen hinterlassen? Das gelang nur, weil Jane Austen während des Entstehungsprozesses ihrer Werke von wildromantischen Parks umgeben war.
Virginia Woolf
Bei einer Auktion ersteigerten Virginia und Leonard Woolf im Jahr 1919 Monk’s House an der Südküste Englands, ein schlichtes Cottage direkt neben der Dorfkirche. Virginia war nicht sonderlich begeistert von dem lang gezogenen Haus, aber sie liebte den 3000 Quadratmeter großen Garten, von dem aus man den Kirchturm von überall sehen konnte. Er umfasste sowohl Obstbäume als auch ein Gemüsebeet. Da sie gerade erst „Die Fahrt hinaus“ veröffentlicht hatte, war Virginia nun von der Idee getrieben, einen italienischen Garten anzulegen.
1921 ließ sie einen alten Werkzeugschuppen zu einem Gartenhaus umbauen und nannte es „The Lodge“. Dorthin zog sie sich zum Schreiben zurück. Als das Paar ein weiteres Stück Land dazu kaufte, wurde „The Lodge“ in den Obstgarten versetzt, damit Virginia beim Schreiben die Aussicht auf den Mount Caburn und die South Downs genießen konnte. Oft übernachtete sie sogar in ihrer Schreibhütte. Es heißt, „The Lodge“ sei für die von Depressionen geplagte Autorin, die sich im Alter von 59 Jahren das Leben nahm, ein Ort des Friedens gewesen. Zwei Ulmen am Rande des Grundstücks, die heute leider nicht mehr stehen, trugen die Namen Virginia und Leonard. Unter ihnen sollte die Asche des Paares verstreut werden. Virginias liebster Ort, der Obstgarten, findet sich in der Kurzgeschichte „In the Orchard“ wieder. Auch Blumen hatten es ihr sehr angetan. In ihr Tagebuch schrieb sie: „Nie war der Garten so lieblich – selbst jetzt noch erstrahlt er im Glanz der Blumen; blendet die Augen mit Rot- und Pink- und Purpur- und Mauve-Tönen. Die Nelken in großen Sträußen, die Rosen leuchten wie Lampen.“
Walter Scott
1811 entdeckte der Autor ein heruntergekommenes Bauernhaus mit dem Namen Cartley Hole. Walter Scott sah mehr darin, nannte es von nun an Abbotsford und baute es 14 Jahre lang zu einem Märchenschloss um. Er ließ Bäume pflanzen und machte aus dem angrenzenden kahlen Flusstal einen bewaldeten Garten. Er kaufte immer mehr Land dazu, legte einen ummauerten Gemüsegarten, einen Küchengarten und eine kreisförmige Rasenfläche an. Im „Walled Garden“ von Abbotsford blühen Schmucklilien. Ein Torbogen und Arkaden neben schmalen Rabatten mit Rosen und Steckrosen beeindrucken zusätzlich. Gegenüber den Arkaden befindet sich „Morris Garden“, der nach einer Skulptur benannt ist, die eine Figur aus dem Roman „Rob Roy“ darstellt.
Abbotsford trieb Walter Scott fast in den Ruin, denn er konnte, nachdem sein Verleger 1826 pleiteging, seine Gläubiger nicht mehr bezahlen. Da er aber unbedingt an Haus und Gärten festhalten wollte, bat er darum, die Schulden mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit abzahlen zu dürfen, was er für den Rest seines Lebens tat.
Mit einem Buch in den Garten
Die Liste von berühmten britischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die durch ihre Gärten inspiriert wurden, ist lang. Ob Beatrix Potter, George Bernard Shaw oder Thomas Hardy – sie alle zogen Energie aus ihren grünen Oasen. Wussten Sie, dass sich sogar Winston Churchill in seinem Garten von Chartwell einen Rückzugsort schuf?
Die Zeiten mögen sich rasant ändern, aber es gibt sie noch immer: die Gärten, in denen die Zeit stehen zu bleiben scheint und in denen bedeutende Werke entstehen.
Genießen Sie den World Book Day! Vielleicht mit einem guten Buch in einem Garten oder Park?
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