Über den Herbst sind viele wunderschöne Gedichte geschrieben worden, darunter das berühmte Sonett 73 von William Shakespeare oder der „Herbsttag“ von Rainer Maria Rilke. So unterschiedlich sie sein mögen, so ist ihnen doch ein melancholischer Grundton gemeinsam. Kein Wunder, denn Sonne und Wärme verabschieden sich, die dunkle Zeit steht bevor und die Spinnen würden gern reinkommen.
Aber darüber denken wir später nach, jetzt freuen wir uns zum offiziellen Herbstanfang am 23. September an goldenem Licht, der Großzügigkeit der Natur (Nüsse, Pflaumen, Äpfel und Birnen!) und den bunten Blättern. Leider sind sie vielerorts geschädigt von der Trockenheit und sinken vorzeitig erschöpft zu Boden, was schade ist. Aber die Kürbisse leuchten, der Tau glitzert morgens auf dem Gras, die Dahlien zeigen all ihre Farbenpracht, der Sommer feiert großes Finale.
In Großbritannien heißt der Herbst „autumn“, in Amerika „fall“. Warum das so ist, weiß keiner so genau. Inzwischen sehen wir aber auch in Großbritannien Schaufensterwerbung und Anzeigen, die für „fall fashions“ werben, die neue Herbstmode. Das gleicht sich also an. Oder es liegt an der knackigen Alliteration, den beiden F am Anfang, einem in der Werbung ja ohnehin beliebten Sprachbild. „Autumn fashions“ klingt dagegen etwas behäbig.
Autumn hat aber, das ist unsere subjektive Meinung, mehr Klasse und ist lateinischen Ursprungs, wurde jedoch auf den Britischen Inseln erst im 16. Jahrhundert gebräuchlich. Vorher hieß diese Saison einfach „harvest“, also „Ernte“. Dass der „fall“ etwas mit fallenden Blättern zu tun hat, klingt plausibel, aber letztlich bleibt der Zusammenhang ungeklärt.
Das bunte Herbstlaub trägt im britischen English den Namen „autumn leaves“, im amerikanischen heißt es zumindest offiziell „fall foliage“, wobei das Wort „foliage“ vielen Einheimischen gar nicht so vertraut ist. Der berühmte „Indian Summer“ bezieht sich eher auf die Wetterlage mit tiefblauem Himmel und warmer Sonne als auf die Farbenpracht, wir würden Altweibersommer sagen (politisch unkorrekt ist leider beides). Abends wird es aber richtig kühl, und diese Kühle nennen die Briten „a nip in the air“, die Luft kneift ein bisschen.
Was gehört noch zum Herbst? Kastanien natürlich, die auf English „conkers“ heißen, wenn es Rosskastanien sind, und „chestnuts“, wenn man sie essen kann. Oder „cider“, köstlicher Apfelwein aus England. Jetzt beginnt auch die Zeit, in der die typisch britischen Gerichte wie „pies“, Pasteten“, „crumbles“, Streuselaufläufe, und überhaupt warme Desserts wieder die kalten Gerichte verdrängen. Und auch das ist ein Grund zum Freuen.
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